Die Entwicklung des Nullwind-Drachens

Über die Erfindung des Einleiner-Nullwind-Drachens bis zur Entstehung des agilen, radikalen Leichtwind-Drachens "The urban ninja" und die Veröffentlichung des Projektes.

Bill Wilson im Gespräch mit Thomas Horvath.

5 urban ninja Drachen vor Wolken.
Je mehr Drachen, desto besser. © Markus Egger

Interview mit dem Designer des synergetischen Drachens

Aus dem Englischen übersetzt.

 

Bill Wilson: Thomas beantwortet einige Fragen zu seiner Inspiration und Motivation, diese coolen Einleiner-Drachen zu entwickeln und herzustellen.

 

Bill Wilson: Wer ist Thomas Horvath?

Thomas Horvath: Meine Eltern kamen während der ungarischen Revolution 1956 als Flüchtlinge in die Schweiz. Hier geboren, lebe und arbeite ich heute in Zürich, einer schnellen und dichten Stadt - ein passendes Umfeld für The urban ninja.

Nach dem Studium der Architektur an der ETH in Zürich arbeitete ich bei einigen renommierten Architekten, bevor ich mein eigenes Studio für Architektur und Industrial Design startete. Ich habe jetzt die Architektur-Aktivitäten reduziert, um mich professionell der Entwicklung von Drachen und dem Drachen-Business zu widmen.

Meine Passion bleibt aber, mit einem noch entwicklungsfähigen Prototypen im weiten Himmel zu schweben, um mögliche Verbesserungen zu erkunden.

 

Bill Wilson: Wie fingst du mit Drachen an?

Thomas Horvath: Während dem Architekturstudium galt mein Interesse auch leichten, kollabierbaren Strukturen, welche oft für temporäre Anwendungen optimiert waren. In diesem Kontext untersucht man auch tetraedrische Prinzipien und Fullers Tensegrity Strukturen. In jenen Jahren spürte ich, dass ich eines Tages vielleicht auch Drachen entwickeln und konstruieren könnte.

Jahre später begann ich, mit den ersten Wolfe- und Benson-Lenkdrachen zu fliegen, aufgrund der Nullwinde an Abenden in der Schweiz jedoch wechselte ich bald auf Leichtwind-Drachen wie der wunderschönen weissen Isis von Pierre Marzin und unzählige andere. Aber selbst solche hoch entwickelte Schweber benötigen doch ein bisschen konstanten Wind, um entspannt mit ihnen zu fliegen.

 

Bill Wilson: Was ist ein synergetischer Drachen?

Thomas Horvath: Ich denke da an drei Aspekte bezüglich Synergie:

Strukturell: Die dynamische Interaktion von Statik und Membran - intensiviert durch den Druck der Luft und den Input des Drachenfliegers - ergibt ein starkes, aber flexibles Arrangement. Die gesamte Struktur unserer synergetischen Drachen verfolgt einen pragmatischen Tensegrity-Ansatz.

Synergie im Flug: Während sie gleiten, profitieren meine Flieger von ihren Drachen-Spezifika wie die extrem geringe Flächenbelastung. Wenn die Strömung abreisst, fallen sie deshalb nicht herunter, und diese Momente von null Energie sind die entscheidenden Momente, sie mit einer Schnur zu steuern. Im Drachen-Flugmodus, wenn du sie in den Himmel hinauf ziehst, entwickeln ihre profilierten Flügel starken Auftrieb, sodass sie bei minimalem Verlust an Schnurlänge effizient steigen.

Luft, das fliegende Objekt und ich: Das sind meine ruhigen, schönen Momente.

 

Bill Wilson: Es scheinen Gleiter, Trickdrachen, Einleiner-Drachen zu sein. Wie wurdest du inspiriert, diese Drachen zu entwickeln?

Thomas Horvath: Ich wollte Drachen, mit welchen ich an windstillen Abenden ganz entspannt rumspielen konnte. Um ohne Wind zu fliegen, braucht es Bewegung, und es ist essenziell, dass ich diese Bewegung beeinflussen kann. Solch ein Flug-Gerät musste fähig sein, über längere Distanzen davongleiten zu können und dabei lenkbar zu bleiben. Ich begann, die Flug-Stabilität der Drachen auf ein Minimum zu reduzieren, die Designs immer langsamer und agiler zu gestalten, um ein möglichst direktes Ansprechverhalten zu erreichen.

So wurde es möglich, dass diese Einleiner-Drachen enge Flat-Spins und andere Moves fliegen können, was lange Airtimes auch in engen Platzverhältnissen fördert.

 

Bill Wilson: Was ist das urban ninja project?

Thomas Horvath: The urban ninja ist ein Versuch, ein einfach zu fliegendes Gerät oder Gadget auch Leuten anzubieten, welche bisher noch nichts mit Drachen zu tun hatten, auch Kids. Diesen Drachen kann man immer und überall ganz unkompliziert fliegen. Projekt, weil ich plane, weitere Varianten zu veröffentlichen: Eine kleine Indoor-Variante (welche ich gerade vor ein paar Minuten im kite-lab flog), einen noch agressiveren, hoch instabilen Drachen usw. Das wird aber nicht im nächsten Monat sein.

Es stellte sich heraus, dass die Leute im dichten Himmel eines Drachenfestes gerne ihren "The urban ninja fliegen", um dann, wenn sich der Wind am Abend vollkommen legt und eine Menge Platz im leeren Himmel ist, mit ihren "The long way home" und den anderen Flügel-Designs rumgleiten. Es wäre schön, immer mehr Ninja-Flieger in der wachsenden Gemeinschaft zu sehen. Mit der Nummer auf dem Segel lädst du andere ein, mit dir gemeinsam Drachen zu fliegen, am besten an einem engen Spot.

 

Bill Wilson: Weshalb hast du dich entschlossen, die Pläne für The urban ninja online zu stellen?

Thomas Horvath: Um etwas mit der Community zu teilen, aktives Einleiner-Drachenfliegen im urbanen Raum zu promoten und für Leute, die an Drachen-Innovationen interessiert sind.

Seit diesem Interview hat Thomas einen weiteren Artikel publiziert, welcher sein Werk in den Kontext der Drachenwelt stellt, mit Analogien zu anderen Ansätzen.

 

Januar 2007