Das Gewicht von Material und Drachen

Drachenstoffe, Folien, Laminate etc. können sehr verschiedene Eigenschaften aufweisen, ebenso Carbon-Rohre und -Stäbe für den Rahmen eines Drachens.

Hersteller-Angaben entsprechen nur selten dem praktisch gemessenen Gewicht.

Gewicht eines normalen Drachens

Das Gewicht eines Drachens, ob Leichtwind-, Normalwind- oder Sturmdrachen, spielt eine relevante Rolle in den Flugeigenschaften wie Stabilität und fliegbares Wind-Spektrum. Im allgemeinen beobachten wir:

Je leichter ein Drachen – auch z.b. ein relativ schwerer Kastendrachen – desto weniger werden unerwünschte Phänomene wie massenbedingtes Einschwingen (Resonanz) auftreten. Die Luft soll den Drachen halten, nicht seine Masse.

Das anzustrebende Ideal ist ein extrem leichter, bei stärkeren Winden aber mechanisch und statisch stabiler, verwindungssteifer Drachen.

Synergetische Nullwind-Drachen

Generell: Je leichter ein Horvath-Drachen, desto langsamer sind alle Bewegungen, und zwar jene des Drachens wie auch des Piloten. Die Effekte der Luft werden in Relation zu jenen der Masse bestimmender.

So fliegt z.b. ein I'll be back spectra laminate urban flow edition, Gewicht 11 Gramm, sehr langsam und ruhig. Er schafft gerade noch einen 360°-Flatspin. Der Pilot geniesst viel Zeit mit zuschauen, was sein Gerät macht.

Am anderen Ende der Skala ist der Urban ninja: the numbers angesiedelt. Bei ähnlicher Grösse verfügt er über mehr Masse (Icarex vs. Dyneema Composite Fabric) und die Effekte der Luft sind nun weniger bestimmend. Dieser Drachen performt, mit impulsiven Inputs, mehrere Flatspins in Serie, aufwärts wenn in Thermik. Alles wird schneller und lebendiger, es steckt mehr Energie im ganzen System. Schwerer darf ein Nullwinddrachen aber nicht sein.

Ob ich hier und jetzt einen kinetisch aktiveren Drachen oder einen langsam schwebenden starte, ist eine situative Entscheidung. Weht ein wenig Wind und bin ich eher in spielerischer Stimmung, fliege ich einen reaktiven synergetischen Drachen. Suche ich den ruhigen Moment – einfach mal nichts tun, schwebe ich mit einem ultraleichten Drachen.

Ein extrem leichter Drachen aus Spectra-Laminat, Dyneema.
"The long way home handling compact stradale", "De tomaso honey", "Like a rolling stone ultralight" sowie "De tomaso superleggera" sind in extrem leichten Versionen erhältlich. Sie heissen "Hyperlight".

Gewicht und Qualität

Zur profanen Technik dahinter: Wir legen alles, was wir in der Produktion verbauen, auf die Präzions-Waage und kontrollieren sporadisch, ob die Werte eines Materials oder einer Komponente innerhalb der Toleranz liegen, welche in unserem Atelier eng gesteckt ist.

Oft sieht man es auch sofort per Auge oder fühlt es in der Hand, wenn etwas nicht stimmt. Verzogene Guss-Teile, unrunde Carbon-Rohre, ungenaue Bohrungen und weitere komisch vom Standard abweichende Sachen: aussortieren und entsorgen.

Stoffe wie Icarex

Wenn normalerweise das Gewicht des Drachenstoffes Icarex pc31 mit 31g/m2 angegeben wird, so hat das seinen Ursprung in der Textilindustrie und deren Gewichts-Einheiten wie z.b. die Segelmacher-Unze. Solche Angaben beziehen sich in aller Regel auf das Rohgewicht vor der Beschichtung des Tuches. Icarex ist beidseitig mit Polycarbonat beschichtet, deshalb liegt das gewogene Flächengewicht bei ca. 36g/m2.

Folie, Laminat, Dyneema

Nach Tests wird nicht jeder Leichtwinddrachen mit teuren, ultraleichten Materialien besser fliegen.

Wenn bei Anbietern Drachen aus sogenannten Indoor-Mylar-Laminaten angeboten werden, die mit 21g/m2 angegeben sind, werden deren Segel effektiv zwischen 25 und 38 g/m2 wiegen, netto. Da eignet sich Icarex definitiv besser zum herstellen von leichten Drachen, die auch im Alltag widerstandsfähig sind.

Weisse matt transluzente hdpe-Folie in 20 g/m2 wird eigens für uns in der Schweiz hergestellt. Diese Folie ist beim Bauen kleiner Drachen angenehm zu falten und zu kleben. Das verhalten in der Luft ist weich und geschmeidig. Deshalb verwenden wir es für den Sticky 3.7 und den Sticky wing in Workshops, bei uns im Atelier in Zürich oder bei dir in der Firma.

Das teure Spectra-Laminat verwenden wir für die I'll be back editions und C'est la vie, darling in der leichtesten Variante. Andere Special-Editions sind als hyperlights erhältlich, sie sind grösser und das Laminat um eine Gradation stärker. Das Material heisst seit einiger Zeit "Dyneema Composite Fabric", früher hiess es "cuben fiber". Wenn nicht das ganze Segel aus diesem Material besteht, sind doch wichtige Verstärkungen an allen unseren Drachen daraus hergestellt. Leichtigkeit bestimmt auch die kleinsten Details.

Carbon-Rohre

Bei konischen Carbonrohren wie z.b. Skyshark 2pt können aufgrund des Stück-für-Stück Prepreg-Herstellungsverfahrens erhebliche Gewichtsdifferenzen bis zu plus-minus 10% auftreten. Deshalb verwenden wir in der Produktion des The long way home paarweise gewogene Skysharks.

Pultrudierte Carbonrohre können offenbar genauer produziert werden. Nach unserer Erfahrung aber nur innerhalb einer Serie. Zwischen verschiedenen Serien können ähnliche Toleranzschwankungen auftreten.

An einem präzise ausbalancierten symmetrischen Drachen sind Flügel- und Leitkanten-Komponenten ausnahmslos paarweise abgestimmt.

Günstige pultrudierte Carbonrohre haben oft die Tendenz, unrund zu sein. Die Steifigkeit und mechanische Stabilität ist je nach Drehung unterschiedlich. Dadurch sind sie schwach und anfällig. Für unsere Drachen verwenden wir deshalb nur speziell hochwertige Carbonrohre, die sind rund.

Carbon-Stäbe

Carbon-Stäbe (technisch: Rundstäbe, Vollmaterial) sind mechanisch sehr viel stärker belastbar als Rohre. Ihr idealerweise exakt runder Querschnitt deformiert sich kaum und ist dimensions-stabil. Deshalb lassen sie sich enger biegen und stärker lateral belasten, bis hin zu brutal.

An unseren kleinen Drachen wie z.B. I'll be back oder The numbers bilden oft ø 1.5 mm Carbon-Stäbe die Struktur. Sie sind kaum schwerer als Rohre mit gleichem Durchmesser, aber praxis-tauglicher, sprich quasi unzerbrechlich und fast nicht zu zerquetschen. Die Enden können wir schön zu einem speziellen Profil schleifen und polieren, da genug volles Material da ist.

Man könnte Rohre bei Moment-Spitzen oder mechanisch stärker belasteten Abschnitten wie z.B. die Enden füllen (Epoxy, teleskopisch eingeführte Vollstäbe etc.). Das wäre im Fall unserer Drachen aber zu teuer und vorallem: schwerer. Zudem verlassen wir uns gerne auf statisch ausgewogene synergetische Konstruktionen ohne extreme Belastungs-Spitzen. Lieber nichts hinzufügen.

Keep it light and smooth.