Fein-Tuning der Symmetrie

Ein Einleiner-Nullwind-Drachen ist für einen geraden Flug nach oben besonders auf seine perfekte Symmetrie angewiesen. Das Setup deines symmetrischen Drachens ist deshalb wichtig, für Schweben an kurzer Schnur wie für hohe Flüge.

Drachen über dem See in Vitoria Gasteiz.
Ein "urban ninja" über einem der kleinen Seen im Flachland um Vitoria Gasteiz. Wenn die Symmetrie ok ist, werden die Gleit-Sequenzen des Drachens gerade und effizient sein.

Wir gehen schön ausbalanciert in die Luft: Anders als ein Zweileiner-Lenkdrachen oder gar ein Revolution an vier Flugschnüren hat ein aktiver Einleiner-Drachen den Geradeausflug nach oben quasi eingebaut. Dazu muss er sehr symmetrisch gebaut und einigermassen symmetrisch eingestellt sein. Mögliche Asymmetrien:

Rahmen

Gezogene Carbon-Rohre und umwickelte Fiberglas-Stäbe sind nie ganz gerade und haben manchmal eine steifere und eine weichere Seite, abhängig von der Qualität des Materials. Dreht man das Rohr einer Leitkante oder z.b. die Querspreize, wird man spüren, wie es in eine bevorzugte Längs-Richtung springt. Die skyshark 2pt's im "the long way home" sind gerade und paarweise gewogen, diese kannst du hier ausser acht lassen.

Obwohl die Rohre links und rechts in den Leitkanten bei allen unseren Drachen immer aus dem selben Rohling geschnitten sind, kann es beim Aufbauen des Drachens vorkommen, dass die beiden Seiten genau diametral wirken: links zum Beispiel alle Rohre und Stäbe in der starken Lage, rechts alles weicher.

So wird eine Seite des Drachens schneller, meist auch mit mehr Auftrieb verbunden, während die andere Seite des Segels weniger gespannt sein wird, dadurch weicher und langsamer.

Was tun

Meist reicht ein gutes Durchrütteln des Drachens vor dem Start, und das Gestänge in den Leitkanten wird sich in seine spannungsärmste symmetrische Lage drehen, vorallem in den langen Flügeln von Drachen mit hoher Streckung. Gehört zum generellen Start-Check.

Segel

Ausser beim The urban ninja und anderen Delta-Designs (welche eigentlich fast keine Flügel haben) sind die Flügelspitzen wichtige Elemente der aerodynamischen Symmetrie. Sie liegen weit aussen und wirken als langer Hebel auf die Achse des Drachens.

Nach dem Aufbau oder einem Wingtip-Bodenkontakt kann eine Flügelspitze genau in der ebene des Segels liegen, die andere jedoch schaut z.B. nach unten. Diese Seite wird langsamer fliegen und ein unerwünschtes Drehmoment auf den Flieger ausüben.

Was tun

Die Wing-Tips vor dem Start von Hand glätten, oder im Flug mit einigen satten Impulsen das Segel straffen, was die Flügelspitzen geraderichten sollte (durch die Konstruktion mit reibungsarmen Endstücken begünstigt). Teil des generellen Start-Checks.

Gewicht

Auch hier wirken die weit aussen liegenden Flügelspitzen, wenn sie ungleich schwer sind. Dafür gibt es zwei mögliche Ursachen: Wasser und Sand. Kondenswasser am Abend oder Regen läuft in der Leitkante nach unten und sammelt sich unten in der wasserdichten Flügelspitze.

Am Sandstrand dringt Sand durch die Leitkanten-Öffnungen ein und wird sich leider ebenfalls nach unten bewegen und in den Flügelspitzen als störender Ballast wirken. Diese Vorgänge laufen fast immer asymmetrisch ab.

Was tun

Icarex und Dyneema-Laminate sind fast dampfdicht, deshalb kann es lange dauern, bis eine innen feuchte Leitkante trocknet.

Das Loch ganz unten an der Flügelspitze begünstigt die Luftzirkulation und entwässert auch während des Fluges recht effizient. Sand kann dort ausgeschüttelt oder zuhause mit dem Staubsauger entfernt werden.

Toleranz

Mit lockerem Segel und eher steil eingestellter Waage werden alle unsere synergetischen Drachen toleranter gegenüber Asymmetrien und bei Wind grundsätzlich stabiler in der Luft stehen, womit sich auch für statische Flüge der nutzbare Windbereich nach oben hin erweitert.

Hohe Flüge

Die ultimative und einfache Massnahme zur Erhöhung jeglicher Toleranz ist der Stabilizer™ für einige unserer Drachen. Ein Muss für hohe Flüge bei stärkerem Wind mit der "de tomaso" Serie oder dem "urban ninja".

Testflug

Vor einem langen, hohen Flug mache ich einen kurzen Start-Check. Ich prüfe den Drachen optisch auf seine Symmetrie, von vorne (Nase zeigt zu mir) und von hinten. Dann die oben genannten Symmetrie-Checks und kurz in die Luft, am besten mit einem möglichst geraden Hochstart.

Jetzt lande ich gerne mal kurz, ordne vielleicht nochmals das Kabel, um unbeschwert den hohen Flug zu starten.

Anmerkung

Für ein kurzes Schweben im Alltag, z.B. mit dem "superleggera" oder dem "i'll be back" sind die genannten Massnahmen meistens gar nicht nötig. Für sehr hohe, ausgedehnte und lange Flüge lohnen sich die Checks.


Etwas ganz anderes, exakt das Gegenteil, aber faszinierend:
Zur Kunst asymmetrischer Drachen. Istvan Bodozcky aus Ungarn baute viele Jahre asymmetrische Drachen aus einfachen Materialien wie Papier, Holz und gespaltenem Bambus. Es gab einmal dieses Buch: Istvan Bodozcky: Hidden Symmetry, im Verlag "the Drachen Foundation". Wer einen Blick hinein werfen will, kann das in unserem Atelier gerne tun. Istvan Bodozcky starb im Herbst 2020.